Das große Krabbeln

Foto via weheartit.com

Ich hatte heute Besuch. Von meinem Freund, meinen Eltern, meiner Schwester, meinem Onkel, meiner Cousine, einer lieben Freundin und einem Käfer.

Den Käfer hat meine Mama aus Versehen mit herein gebracht. Er flog auf einmal zum Vorhang und krabbelte daran hoch. Es war ein schwarzer Käfer, ungefähr doppelt so groß wie ein Marienkäfer. Mama hat versucht, ihn ein bisschen runterzuschubsen um ihn einzufangen, aber er ist Richtung Fenster geflogen und war dann weg. Wir haben ein bisschen gesucht aber er blieb verschwunden und ich hatte schon Bilder im Kopf, wie ich etwas in meiner Notebooktasche suche und dann auf einmal einen toten Käfer in der Hand habe und so. Ziemlich eklig.

Ich hab den Käfer gefunden. Er ist irgendwann einfach über den Boden gekrabbelt und ich hab ihn dann nett überredet, sich von mir in eine Brotzeitdose sperren zu lassen, damit ich ihn nach draußen bringen kann. Die Fenster in meinem Zimmer kann man ja nicht öffnen. Also Mundschutz angelegt, Infusionsständer und Dose geschnappt und raus auf den Gang um ein Fenster zu suchen, das sich Öffnen lässt.

Auf dem Gang stand eine Frau, die offensichtlich jemanden besucht hat. Ich habe sie gefragt, ob sie weiß, ob man hier irgendwo ein Fenster öffnen kann, ich hätte da einen Käfer in meinem Zimmer gefunden. Die Frau hat mich dann ein bisschen geschockt, als sie recht bissig entgegnete: „Die Fenster hier auf der Station lassen sich nicht Öffnen. Das könnte Sie umbringen. Und ihn auch!“ Und sie deutete auf den Herrn, den sie besuchte. Ich dachte nur „Meine Güte“ und machte mich auf die Suche nach einer Schwester. Die erste, die mir begegnete fiel beim Wort „Käfer“ schier in Ohnmacht und hat mich zu Schwester Kerstin geschickt.

Die wollte den Käfer dann die Toilette hinunterspülen. Dagegen habe ich protestiert und nach einem Fenster verlangt :) Schließlich tauchte der Stationsleiter auf und es stellte sich heraus, dass sein Bürofenster das einzige ist, das sich wenigstens kippen lässt und somit war der Käfer dann gerettet.

Außer dem Käfer ist mir heute nicht viel passiert, was auch der Grund dafür ist, dass ich die Geschichte so breitgetreten habe ;) Man klammert sich in der Not an jedes auch nur im Entferntesten aufregende Ereignis.

Da es jetzt schon ziemlich spät ist und ich morgen wieder um 7 Uhr vom Getöse auf dem Gang geweckt werde ist hier jetzt Schluss und ich geh ins Bett. Gute Nacht!

12 Kommentare

  1. dazu fällt mir ein von erich fried:

    Als Kind wußte ich:
    Jeder Schmetterling
    den ich rette
    Jede Schnecke
    und jede Spinne
    und jede Mücke
    jeder Ohrwurm
    und jeder Regenwurm
    wird kommen und weinen
    wenn ich begraben werde

    Einmal von mir gerettet
    muß keines mehr sterben
    Alle werden sie kommen
    zu meinem Begräbnis

    Als ich dann groß wurde
    erkannte ich:
    Das ist Unsinn
    Keines wird kommen
    ich überlebe sie alle

    Jetzt im Alter
    frage ich: Wenn ich sie aber
    rette bis ganz zuletzt
    kommen doch vielleicht zwei oder drei?

    ein daumen hoch für alle kleinsttierretter dieser welt : )

  2. Ich mag deine Käfer-Geschichte und auch das Gedicht von Erich Fried, das Laura gepostet hat. Aber echt krass, was wie manche Leute drauf sind. Die Toilette runter spülen geht gar nicht – ist zwar nur ein kleines Insekt, aber trotzdem!!!! Wünsch dir eine gute Nacht und viele fröhliche, gepunktete Marienkäfer-Träume :-)

  3. Hallo Maike,

    ich bin eine Freundin von der Dani, Marias Mitbewohnerin.
    Ich hab schon vor eineiger Zeit von deiner Krankheit gehört und heute abend deinen Blogg gelesen- ich wünsch dir ganz viel Kraft das alles gut zu überstehen!

    Kannst du mir vielleicht nochmal genau sagen, was man machen muss, um sich typisieren zu lassen? Wie kann ich dafür sorgen, dass speziell auch geschaut wird, ob ich ein passender Spender für dich wäre?

    Liebe Grüße,
    Eleni

  4. Hallo Eleni,

    Ich glaube die Frage, wie die Typisierung vonstatten geht, kann ich dir – als Maikes Freund und mittlerweile Hobby-Onkologe – ganz gut erläutern.

    1. Du gehst auf die Seite der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (hier entlang: http://www.dkms.de/choose.html)
    2. Danach forderst du – nachdem du dem Menüpunkt „Spender“ gefolgt bist – ein Typisierungsset an (http://www.dkms.de/index.php?id=526)
    3. Wartest zwei, drei Tage und schon ist das Set bei dir. Was du dann machen musst, erfährst du alles in der umfangreichen Broschüre
    4. Nachdem du deine Wattestäbchen an die DKMS gesendet hast, heißt es abwarten und darauf hoffen, dass du irgendwann jemandem helfen kannst
    5. Die einzelnen Methoden der Stammzellenspende (Apherese und „herkömmliche“ Entnahme) findest du auch auf den einschlägigen Seiten erläutert

    Zu deiner Frage ob du Maike direkt helfen kannst: Es gibt leider keine Möglichkeit personenbezogen zu spenden. Das ist nur für Geschwister möglich. Aber sei versichert, sobald ein passender Spender gefunden ist, wird alles in die Wege geleitet. Und wenn das eben solang dauert, bis du dein Set eingeschickt hast, dann wirst du die Retterin sein. Den genetischen HLA-Zwilling lernt man erst übrigens erst zwei Jahre nach der Spende kennen. Die Gründe dafür kenne ich jetzt auch nicht, aber so ist die Regelung.

    Danke noch für dein Engagement, es ist schön zu sehen, wie viele Leute bereit sind, Zivilcourage zu zeigen und es all selbstverständlich betrachten zu helfen. Mein voller Respekt dafür!

    Liebe Grüße, Kevin.

  5. Ach ja: Danke auch an Dani, Maria und Melina für Aufmerksammachen! Je mehr Leute sich registrieren, desto höher ist die Chance jedem Leukämiekranken ein neues Leben zu schenken. ;)

  6. hallo, ich bin durch einen freund auf dieser seite gelandet und bin sehr berührt von der ehrlichkeit und offenheit und wärme die in allen einträgen spürbar ist! es ist ein unendlich großes geschenk, wenn durch schreckliches, das einem einzelnen widerfährt, liebe und wärme entsteht, auch für die kleinen dinge im leben wie dem käfer :-) – anstatt kälte, härte und einsamkeit, wie es manche andere menschen in solchen situationen erfahren.. ich bin im herzen bei Dir, maike, und bei Deiner familie!

  7. Liebe Maike,

    Du hast die Geschichte gut breitgetreten und zu Recht! Schließlich sind’s eigentlich fast immer die kleinen Glücks-Dinge, für die es sich so richtig lohnt :)

    Kräftige Grüße
    Mario

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